Kanzlei für Erb- und Familienrecht
CHRISTIAN BRECOUR
Rechtsanwalt
Jeder Elternteil ist gemäß § 1684 BGB (mehr) zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Der Umgang erfolgt in der Regel durch zeitlich begrenzte persönliche Kontakte. Er ist abhängig vom Kindeswohl und dem Alter des Kindes.
Neben einem regelmäßigen, d.h. laufendem Umgang können auch besondere Umgangszeiten, z.B. in den Ferien, Feiertage etc. vereinbart werden. Der Umgang kann darüber hinaus auch durch telefonische Kontakte, Briefe oder E-Mails etc. ausgeübt werden.
Die Frage, in welchem Maß der Umgang statt zu finden hat, insbesondere, ob dieser mit Übernachtungen verbunden ist, in welchem Zeitraum der Umgang zu erfolgen hat, ob gemeinsame Urlaube möglich sind, sind in jedem Einzelfall anders zu entscheiden. Kriterien sind insbesondere die Eignung des Umgangsberechtigten, das Alter und der Entwicklungsstand des Kindes, das Verhältnis des Umgangsberechtigten zum Kind.
Als allein grobe Faustregel kann festgehalten werden:
Es gibt keine gesetzliche Regelung, wie eine Umgangsregelung auszusehen hat. Es ist daher die Aufgabe der Eltern sich über den Umgang zu einigen. Können sich die Eltern nicht über den Umgang einigen, kann im Wege einer gerichtlichen Entscheidung der Umfang des Umgangs geregelt werden. Das Umgangsrecht kann auch eingeschränkt oder zeitweilig ausgeschlossen werden. Bevor ein völliger Ausschluss erfolgt, müssen mildere Mittel angewendet werden, z. B. kommt ein begleiteter Umgang, also ein Umgang bei Anwesenheit eines mitwirkungsbereiten Dritten, in Betracht.
Bei einem paritätischen Wechselmodell (oder besser: Doppelresidenzmodell) haben beide Eltern einen zeitlich (nahezu) gleichen Betreuungsanteil. Es bietet insbesondere den Kindern die Möglichkeit, nach einer Trennung beide Elternteile in einem (nahezu) zeitlich gleichem Umfang zu behalten.
Welche genauen Betreuungsanteile oder -zeiten zur Verwirklichung des Wechselmodells konkret erfüllt sein müssen, ist in der Rechtsprechung umstritten. Für den juristischen Laien etwas verwirrend unterscheidet die Rechtsprechung zwischen einem echten und unechten Wechselmodell. Dieser Unterscheidung kommt vor allem beim Kindesunterhalt entscheidende Bedeutung zu. Ein echtes Wechselmodell liegt dann vorm wenn die Eltern die Kinder (quantitativ und qualitativ) nahezu gleichwertig betreuen.
Verneint wurde das Wechselmodell in der Rechtsprechung bei einer Betreuung im Verhältnis 6:8 oder bei einem Betreuungsverhältnis von 43 % zu 57 % oder von 45 % zu 55 %. Bei einem Betreuungsverhältnis von hingegen 47,5 % zu 52,5 % sowie hälftiger Teilung der sonstigen Erziehungsaufgaben kann allerdings bereits ein echtes Wechselmodell gegeben sein.
Zu beachten ist dabei, dass es nach der Rechtsprechung auf die tatsächliche Ausübung der Betreuung ankommt, nicht auf etwaige Vereinbarungen zwischen den Eltern.
Wichtig:
Was viele nicht wissen, auch beim echten Wechselmodell ist Kindeunterhalt zu zahlen. Dieser berechnet sich indes anders als der "normalen" Kindesunterhalt und fällt nicht zuletzt wegen einer anderen Verteilung des Kindergeldes der Höhe nach wesentlich geringer aus.
In einer maßgeblichen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Beschluss vom 11.01.2017 – XII ZB 565/15 mehr) die wesentlichen Maßstäbe der Unterhaltsberechnung beim Wechselmodells festgelegt. Es gilt Folgendes:
Beide Elternteile haben für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den Einkommen beider Eltern und umfasst außerdem die Mehrkosten des Wechselmodells. Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen.
Darüber hinaus besteht im Rahmen des Umgangsrechts ein Auskunftsanspruch des anderen Elternteils über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, insbesondere des Gesundheitszustandes und des schulischen Fortkommens (vgl. § 1686 BGB mehr und § 1686a BGB mehr). Auch kann man sich ein aktuelles Foto des Kindes schicken lassen. Dieser Auskunftsanspruch kann regelmäßig halbjährlich verlangt werden.
Dieses Informationsrecht steht jedem Elternteil zu; es besteht also vollkommen unabhängig davon, ob ein Elternteil das Sorgerecht hat oder nicht. Der Auskunftsanspruch ist bei einer Verweigerung des anderen Elternteils zur ohne weiteres einklagbar.
Bei bestehender elterlicher Sorge kann sich jeder Elternteil zur Informationsgewinnung auch direkt z.B. an die Kita, an die Schule, die behandelnden Ärzte etc. wenden.
Neben den Eltern haben auch weitere Personen ein Umgangsrecht, z.B. die Großeltern, die Geschwister des Kindes, sowie andere enge Bezugspersonen, die für das Kind Verantwortung getragen haben oder noch immer tragen. Hier kommen insbesondere Personen in Betracht, die mit dem Kind
über längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt haben, so insbesondere frühere Ehegatten oder Lebenspartner, oder auch Lebensgefährten (vgl. § 1685 BGB
mehr).
Auch wenn grundsätzlich ein begleiteter Umgang in Betracht kommt, der Umgangsberchtigte hieran aber kein ernsthaftes Interesse zeigt, kann der Umgang ausgeschlossen weden (vgl. OLG Karlsruhe (16. Zivilsenat), Beschluss vom 28.07.2023 – 16 UF 19/23).
Hat ein Elternteil zu seinem Kind keinerlei Kontakt, so hat dieser Elternteil regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran, von dem betreuenden Elternteil Auskunft über grundlegenden Lebensbedingungen seines Kindes zu erhalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Der Umfang der Auskunft richtet sich dabei auch nach dem Alter des Kindes, da es mit zunehmendem Alter in der Lage ist, eigenverantwortlich zu entscheiden und zu handeln (vgl. OLG Köln Beschluss vom 3.7.2023 – 14 UF 42/23 ).
Gemäß § 1684 BGB hat jeder Elternteil das Recht auf einen Umgang dem Kind bzw. den Kindern.
Gemäß § 1685 BG haben auch Großeltern und andere enge Bezugsperson unter bestimmten Bedingungen das Recht auf einen Umgang mit dem Kind.
Zum einen kann das zuständige Jugendamt zur Vermittlung zwischen den Eltern angesprochen werden. Scheitert auch dies kann und sollte ein Antrag auf Umgangsregelung beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden.
Dies hängt von vielen Umständen, nicht zuletzt vom Alter des Kindes ab. Als grobe Faustregel gilt: Je jünger ein Kind ist, desto häufiger aber kurzer ist ein Umgang. Maßstab ist jedoch immer das Kindeswohl.
Eine Umgangspflegschaft wird zumeist bei hochstrittigen Eltern gerichtlich angeordnet und übernimmt bzw. begleitet die Übergabe des Kindes an den jeweils anderen Elternteil.