Kanzlei für Erb- und Familienrecht
CHRISTIAN BRECOUR
Rechtsanwalt
Soweit die Ehegatten keine anderen Vereinbarungen (= Gütertrennung) getroffen haben, leben sie Kraft Gesetzes ab dem Tag ihrer standesamtlichen Eheschließung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Zugewinngemeinschaft ist mithin der vom Gesetzgeber vorgegebene Güterstand (= gesetzlicher Güterstand § 1363 BGB mehr).
Der Zugewinn ist letztlich der Betrag, um den das so genannte Endvermögen das Anfangsvermögen übersteigt. Dieser ist bei beiden Ehegatten zu ermitteln und jeweils hälftig auszugleichen.
Das Anfangsvermögen ist das Vermögen das jeder Ehegatte am (Stich-) Tag der standesamtlichen Eheschließung hatte (vgl. § 1374 Abs. 1 BGB mehr). Es gilt hier das so genannte Stichtagsprinzip. Damit ist gemeint, dass es auf den Stand des Vermögens genau am Tag der Eheschließung ankommt.
Bei der Ermittlung bzw. Berechnung des Anfangsvermögen gibt es diverse Besonderheiten u.a. bei Schenkungen oder bei Erbschaften. Schenkungen und Erbschaften gehören grundsätzlich zum Anfangsvermögen und sind, abgesehen von einer Wertsteigerung, dem Zugewinnausgleich entzogen (vgl. § 1374 Abs. 2 BGB mehr).
Das Anfangsvermögen errechnet sich nicht allein nur nach den Aktiva, also dem positiven Vermögen bzw. Vermögenswerten. Es gilt auch die Passiva zu erfassen, also die zum Zeitpunkt der Eheschließung bestanden Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten. Rein rechnerisch kann sich daher auch ein negatives Anfangsvermögen errechnen (vgl. § 1374 Abs. 3 BGB mehr).
Der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags an den Ehegatten, der die Scheidung nicht einreicht (vgl. § 1375 BGB mehr). Auch hier sind wie beim Anfangsvermögen neben den Aktiva die Passiva zu berücksichtigen und entsprechend abzuziehen.
Es sind wie beim Anfangsvermögen ebenfalls viele Besonderheiten zu berücksichtigen. Eine Besonderheit ist z.B. die illoyale Vermögensverfügung gemäß § 1475 Abs. 2 BGB. Eine illoyale Vermögensverfügung liegt regelmäßig vor, wenn ein Ehegatte nur deswegen schmälert damit der andere Ehegatte hieran nicht partizipiert.
Der Zugewinn ist steuerlich neutral. Der Ausgleichsanspruch zählt nicht zum Einkommen und unterliegt auch nicht der Schenkungs- und Erbschaftssteuer. Zu beachten ist jedoch der mögliche Anfall von Spekulationssteuer bei der Übertragung von Immobilieneigentum.
Eine Auskunft gemäß § 1379 BGB soll den auskunftsberechtigten Ehegatten in die Lage versetzen, die Existenz und Höhe seiner Zugewinnausgleichsforderung zu ermitteln.
Wichtig
Auch wenn das Scheidungsverfahren bereits zwei Jahre und drei Monate läuft und ein Ehegatte ein Kind aus einer neuen Beziehung erwartet, reicht dies für eine Abtrennung der Folgesache Zugewinn gem. § 140 II Nr. 5 FamFG nicht aus, auch wenn das Zugewinnverfahren wegen beiderseits werthaltiger Vermögen und der hierfür einzuholenden Gutachten noch längere Zeit dauern wird. (OLG München Beschluss vom 28.10.2022 – 12 UF 712/22).
Anwartschaften auf aufgeschobene variable Vergütung stellen bereits vor Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums rechtlich geschützte und der Bewertung zugängliche Vermögenspositionen dar und können in den Zugewinnausgleich als Vermögensposition einbezogen werden (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 31.8.2022 – 5 UF 88/20).
Sorgt ein Ehegatte durch Sabotagehandlungen dafür, dass das Hausanwesen des anderen Ehegatten nur unterhalb des Marktpreises veräußert werden kann, steht der späteren Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruchs zwar nicht die Unbilligkeitseinrede des § 1381 I BGB entgegen (Fortführung Senat NJW 2019, 611). Ihm bleibt aber die Berufung auf den objektiven Marktwert des Anwesens nach § 242 BGB verwehrt (vgl. OLG Zweibrücken Beschluss vom 16.5.2022 – 2 UF 184/21).
Der Zugewinn ist vereinfacht gesagt der Vermögensausgleich zwischen Ehegatten im Rahmen der Ehescheidung. § 1373 bestimmt, wenn auch nur im Kontext mit anderen Normen, den Begriff des Zugewinns. Dies ist der Betrag, um den das Endvermögen (§ 1375) das Anfangsvermögen (§ 1374) übersteigt.
Regelmäßig wird dier andere Ehegatte zunächst zur Auskunftserteilung über die Höhe ihres Zugewinns aufgefordert. Diese Auskunftserteilung ist durch entsprechende Nachweise zu belegen.
Mit Rechtshängigkeit der Ehescheidung kann der Zugewinnausgleich geltend gemacht werden.
Ein Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1386 Abs. 1 BGB kann u.a. dann bestehen, wenn der andere Ehegatte seinen Unterhaltspflichten in der Trennungszeit nicht nachkommt, und zwar auch gegenüber gemeinsamen Kindern. Messbare wirtschaftliche Beeinträchtigungen müssen damit nicht verbunden sein.
3 Jahre nach Rechtskraft der Ehescheidung verjährt der Zugewinnausgleich und kann dann nicht mehr geltend gemacht werden.
Das Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands (= Zeitpunkt der Eheschließung) gehört.
Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands (= Zustellung des Scheidungsantrages) gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
Die Ehepartner haben sich nach Aufforderung hierzu jeweils Auskunft über ihr Anfangs- und Endvermögen zu erteilen haben. Hierzu gehören gleichfalls Auskünfte über einen etwaig privilegierten Vermögenserwerb (Erbschaften und Schenkungen während der Ehe) und über illoyale Vermögensverfügungen. Auf Anforderung haben sie zudem entsprechende Belege vorzulegen.
Zugewinnausgleichsansprüche sind nicht zu versteuern.
Zugewinn Ausgleichsansprüche verjähren nach 3 Jahren. Der Beginn des Verjährungszeitpunkts legt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der gesetzliche Güterstand der zur Gemeinschaft geändert wurde.